Eintrag Nr. 11: Zeitparadoxien, ein Wal und die Stille dazwischen

Ein Wal, ein Zeitparadoxon und die Stille, in der ich endlich wieder zu schreiben begann.

Manchmal ist das Problem einfach, wieder anzufangen, nachdem man lange nichts getan hat. Es lag gar nicht an der Lust, sondern irgendwo ist da manchmal ein Hemmnis, und man weiß gar nicht, wieso. Aber das ist natürlich nicht der Grund, warum lange auf Teegedanken gar nichts passiert ist, sondern natürlich sind Zeitreisen schuld – oder in korrekter Zeitreise-Grammatik: Zeitreisen werden schuld geworden sein. Ja, das klingt komisch, ist aber korrekt.

Ich habe vermutlich schon längst weitergeschrieben, nur eben in einer alternativen Zeitachse, in der ich weniger Ablenkung und mehr Tee habe. Vielleicht kommt der Text dort sogar richtig gut an. Hier muss ich ihn nur noch nachliefern – sobald meine Zeitschreibmaschine wieder richtig funktioniert oder richtig funktioniert haben wird. Das Problem an Zeitreisen ist ja, dass man nie weiß, ob man etwas zu spät, zu früh oder genau pünktlich verpasst. Eigentlich ist es immer alles – und zwar gleichzeitig. Ihr versteht mein Problem, oder? Leider bin ich mir nicht sicher, ob ich diesen Absatz hier gerade schreibe oder erst nächste Woche geschrieben haben werde. Ich hoffe, er ist gut geworden.

Aber wenn wir das Zeitreisen mal außen vor lassen: Teegedanken war nie dazu da, regelmäßig zu sein. Es ist eher wie eine kleine Teestube irgendwo zwischen den Sternen: Manchmal bleibt sie tagelang leer, und dann plötzlich sitzt wieder jemand da – meistens ich – und denkt, und schreibt und verwirft es dann wieder. Aber ein schlechtes Gewissen habe ich irgendwie trotzdem – aber das konnte ich meist mit gutem Tee runterspülen. Denn Teegedanken war zwar nicht dazu gedacht, wöchentlich zu erscheinen, aber dass hier mehrere Monate nichts passiert ist, war auch nicht der Plan.

Natürlich hätten es auch ganz banale Dinge sein können: Arbeit, Müdigkeit, Sport, Teevideos. Aber seien wir ehrlich – es klingt doch besser, wenn Zeitreisen schuld sind. Alles andere wäre ja fast schon realistisch.

Darum traue ich mich mal wieder, etwas zu schreiben, aber natürlich komme ich nicht ganz ohne Geschichte. Während es Zeitreisen gewesen sein werden war – japp, immer noch korrekt – habe ich einen alten Freund mitgebracht. Ihr nennt ihn 3I Atlas. Er selbst nennt sich Hajklumnopiutruamhjangbaziolf, aber ich nenne ihn einfach Olf. Olf ist natürlich kein Gesteinsbrocken, sondern ein Waltraumwal, bzw. einfach nur ein Wal, denn die auf der Erde sind die Sonderlichkeiten – darum müssten sie eigentlich Wasserwale heißen. Ihr glaubt gar nicht, wie verwirrend das eigentlich war, als ich davon das erste Mal erfahren habe. Das steht natürlich auch wieder nicht im Reiseführer durch die Galaxie.

Ich habe versucht, den Eintrag über Wale auf der Erde zu schreiben, aber jedes Mal verschwindet der Text, weil eine ältere Version von mir ihn gerade erst schreiben wird oder irgendwelche komischen Nachrichten von mir mitten im Text auftauchen – die habe ich einfach gekonnt ignoriert; ich wollte schließlich nur diesen einen Eintrag schreiben. Aber irgendwann wurde es wirklich seltsam. Ich dachte, wenn meine Zeitparadoxien schon Fragen stellen, dann aber richtige Fragen, also habe ich mir sogar mehrfach Nachrichten hinterlassen, aber die zukünftigen Versionen von mir antworten einfach nie. Glaubt mir, ich war so froh, als ich aus dem Zeitchaos raus war.

Immerhin war ich damit ja nicht allein. Also, um genau zu sein, war ich es – aber ich war ja mit mir da. Also mit mir aus der Zukunft und der Vergangenheit. Und genau in dem Moment, als ich schon dachte, ich müsste mich mit mir selbst anlegen [1], erinnerte ich mich zum Glück an jemanden, der viel besser im Umgang mit solchen Zeitwirrnissen ist: Olf. Olf ist ein ganz wundervoller Wal. Er sammelt Teekannen aus alternativen Zeitlinien, weil dort die Henkel andersherum sind, und manchmal haben auch die Henkel Henkel, und dann wiederum haben die Henkel Teekannen. Seine Sammlung ist einfach unglaublich.

Ich habe mich mit Olf hinter der Sonne ein paar Tage versteckt. Wir wollten einfach nur Pen & Paper spielen, ohne dass uns jemand dabei beobachtet, aber dann sind wir durch ein Paralleluniversumsloch [2] gefallen und haben uns selbst getroffen – nur eben mit lustigen Hüten. Wir haben zusammen Tee getrunken, aber ich sag euch: Der Tee aus dem anderen Universum schmeckt einfach nicht so wie hier. Der hier ist einfach am besten. Außerdem konnten wir dann zu viert Pen & Paper spielen. Ich bin Geschichtenerzähler, und natürlich lag es an mir, die Spielleitung zu übernehmen. Das sah mein anderes Ich mit dem lustigen Hut allerdings genauso. Also entschieden wir uns, beide Spielleiter zu sein. So starteten wir unser Abenteuer, und beide Versionen wurden gleichzeitig gespielt, was ziemlich verwirrend war, aber der berühmten Paralleluniversumserfahrung ziemlich nah kommt. Dann diskutierten wir eine ganze Stunde darüber, ob ein kritischer Erfolg in Universum B auch in Universum A gültig sei. Wir tranken eine Tasse Tee und beschlossen dann diplomatisch: Nein. Dann wurde ein fiktiver Charakter plötzlich real und forderte seine Tasse Tee ein. Zum Glück waren wir beiden Spielleiter uns einig: Niemand – nicht einmal nicht existierenden Personen – darf man eine Tasse Tee verweigern.

Aber wir hatten alle ziemlich viel Spaß, auch wenn am Ende aus vier Personen 397 Personen wurden, die alle mitspielen wollten. Wir konnten natürlich nicht nein sagen.

Vielleicht ist das der eigentliche Grund, warum ich wieder schreibe: nicht wegen der Zeitlinien, nicht wegen Olf, nicht einmal wegen des Tees. Sondern weil ich es vermisst habe, einen Gedanken zu nehmen, ihm Zeit zu geben – und ihn dann in eure Welt zu gießen. Und vielleicht ist der Grund, warum ich das so lange vor mir hergeschoben habe, am Ende einfach ein bisschen Angst gewesen. Und vielleicht muss man manchmal erst durch ein paar Zeitlinien stolpern, um zu merken, dass man einfach nur wieder schreiben wollte.

Aber bevor ich wieder in irgendeine Zeitlinie verschwinde, noch etwas ganz anderes: Falls jemand eine funktionierende Zeitschreibmaschine herumliegen hat – meine produziert seit Tagen nur Texte über das Zeitreisen selbst und löst damit immer wieder Zeitparadoxien aus, und ich kann leider nicht anders, als darüber nachzudenken.

[1] mein Gegner wäre ein ausgezeichneter Tänzer gewesen

[2] ja, die heißen wirklich so – zumindest in unserem Universum

© 2025 Thees Fnordberg. Alle Rechte vorbehalten. Wenn dir meine Texte gefallen, freue ich mich, wenn du sie teilst – bitte mit Nennung meines Namens und einem Link zu meinem Blog. Für jede weitere Nutzung oder Veröffentlichung kontaktiere mich bitte vorher.